1. Juli 2024
Anwendungen

GIS Personentransporteinheit sorgt für sicheren Einstieg ins Klärbecken

Im Auftrag der ARA Worblental hat der Kettenzug- und Kranhersteller GIS eine Lösung für den sicheren Personentransport entwickelt. Mit der TÜV-geprüften Transporteinheit können die Mitarbeitenden zur Störungsbehebung in das bis zu 10 Meter tiefe Klärbecken abgesenkt werden. Ermöglicht wird dies durch einen Elektrokettenzug in Sonderausführung, dessen permanenter Überwachung durch die Steuerung und einem umfassenden Sicherheitskonzept. Das neue Hubwerk lässt sich schnell an- und abkuppeln und ist so an mehreren Brückenkranen einsetzbar.
In der Kabine gelangt die Person zur gewünschten Stelle im Klärbecken.

Elektrokettenzüge und Kransysteme sind vielseitige Hebewerkzeuge, die in verschiedenen Branchen und Anwendungen zum Heben und Bewegen von schweren Maschinen, Bauteilen und Materialien betrieben werden. Die geltenden Vorschriften für Krane schliessen allerdings das Transportieren von Menschen grundsätzlich aus. Als Neuheit bietet der Kettenzughersteller GIS seit kurzem eine auf der Norm EN 1808 (Sicherheitsanforderungen an hängende Personenaufnahmemittel) basierende Lösung für den sicheren Personentransport an. Diese ist baumustergeprüft, was eine Voraussetzung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG darstellt und verfügt über eine TÜV-Zertifizierung.

In Zusammenarbeit mit der ARA Worblental entwickelt

Die erste Krananlage dieser Art entwickelte die GIS AG für die drittgrösste Abwasserreinigungsanlage des Kantons Bern, die ARA Worblaufen, um Mitarbeitende zur Störungsbehebung sicher in die bis zu 10 m tiefen Festbettzellen zu transportieren. Der Bereich der Kläranlage, welcher die Wasseraufbereitungsbecken umfasst, war bereits mit GIS-Laufkranen ausgestattet. Diese wurden hauptsächlich für die Beförderung von Gütern sowie für das Abnehmen und Einsetzen der Beckenabdeckungen verwendet. Mit der klaren Vorgabe, dass das Kransystem neben dem Einsatz als normaler Industriekran auch für den Personentransport genehmigungsfrei genutzt werden kann, ersetzte man das vorhandene Hubwerk des Hallenkrans durch einen neuen GIS Elektrokettenzug GPK1000 inklusive Fahrwerken.

Vom Industriekran zur Personentransporteinheit

Im Bedarfsfall ist zunächst der Transportkorb anstelle des Lasthakens am Kettentrieb zu befestigen. Es handelt sich dabei um eine robuste, geschweisste Stahlkabine mit geschlossener Deckenkonstruktion, die den Fahrgast auch vor herabfallenden Gegenständen schützt. Im nächsten Schritt verbindet der Bediener die bereits am Korb vorinstallierte Lastsicherungsvorrichtung, mit dem Sicherheitsschäkel des Hubwerkes. Beim unwahrscheinlichen Fall eines Bruchs der Primärsicherung, dem Kettenzug, würde diese Sekundärsicherung die Fallgeschwindigkeit der Kabine auf 0,5 m/s begrenzen und den Absturz stoppen. Der Stahlrahmen des Korbes hat eine Haltevorrichtung, um diesen am Beckenrand einzuhängen und einen komfortablen Einstieg für den Passagier zu ermöglichen. Bevor die Bedienperson die Kabine betritt, muss sie die persönliche Schutzausrüstung anziehen und die Absturzsicherung am vorgesehenen Anschlagpunkt befestigen. Anschliessend wird die Krananlage mit dem Sicherheitsschlüssel vom normalen Zustand in das Setup für den Personentransport (Betriebsart PTA) geschaltet. Die Signalsäule leuchtet nun nicht mehr grün für den Gebrauch als Industriekran, sondern eine gelbe Lampe signalisiert den speziellen Modus für die Personenbeförderung.

Die Person in der Fahrgastzelle hat die Kontrolle

Der Bediener steigt in die Kabine und schliesst diese hinter sich. Im PTA-Betrieb erfolgt die Steuerung des Krans normenkonform nur noch über einen in der Fahrgastzelle fest installierten Handsender. So manövriert sich der Fahrgast im Korb an die gewünschte Stelle im Festbett. Während den Hub- und Senkvorgängen überwacht die Sicherheitssteuerung kontinuierlich die Last. Ein unbeabsichtigtes Entlasten der Kette, beispielsweise infolge eines unkontrollierten Aufsetzens des Personentransportkorbes auf Unebenheiten oder Hindernissen, verbunden mit einer gefährlichen Schräglage der Kabine, wird durch automatisches Stoppen der Bewegung verhindert.

Der sichere Betrieb erfordert die Anwesenheit einer zusätzlichen Person, die den gesamten Vorgang vom Beckenrand aus beobachtet. Diese ist ebenso mit persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert. Bei Ausfall der Bedieneinheit im Transportkorb schliesst der Beobachter einen kabelgebundenen Notsteuerschalter mit Schnellverschluss in einer für ihn leicht zugänglichen Steckdose an und übernimmt die Steuerung des Kransystems. Bei Stromausfällen oder anderen Störungen liegt ein umfassendes Evakuierungs- und Sicherheitskonzept vor, das eine sichere Rettung des Passagiers gewährleistet.

Kettenzug für beengte Platzverhältnisse mit verschiedenen Sicherheitselementen

Aufgrund des begrenzten Platzes zwischen Beckenrand und Decke wird im Fall der ARA Worblental als Hubwerk ein GIS Elektrokettenzug vom Typ GPK1000 verwendet. Dieser wurde für den Einsatz in Umgebungen mit geringen Raumhöhen und beengten Platzverhältnissen konzipiert. Der Kettenaustritt befindet sich nicht an der Unterseite des Kettenzuges, sondern ist durch einen Metallrahmen nach oben versetzt. Damit können wichtige Zentimeter an Hubhöhe gewonnen werden. Für das Katzfahren am Kranträger kommen GIS Motor- und Handfahrwerk der neusten Generation zur Anwendung.

Die Sicherheit nach EN 1808 ist über den ganzen Lastrang des Hubwerks bis hin zum übergeordneten GIS Laufkran gewährleistet. Die Steuerung erfolgt durch das Zusammenspiel der regulären Kransteuerung und der zusätzlichen Sicherheitssteuerung. Die Sicherheitsfunktionen der Steuerung entsprechen der Norm EN 13849 und sind durch den TÜV ebenfalls baumustergeprüft.

Mithilfe einer speziellen Vorrichtung lässt sich die Hubeinheit samt Fahrwerken in kurzer Zeit vom ursprünglichen Kranträger demontieren, per Hochhubstapler zu einer anderen Kranbrücke in der Halle bewegen und dort wieder montieren. Auf diese Weise kann die Personentransporteinheit effizient an mehreren Brückenkranen eingesetzt werden und ermöglicht so den Zustieg von oben bei einer grösseren Anzahl von Klärbecken.

Technische Daten / Steckbrief

  • Das Gesamtsystem setzt sich zusammen aus einem Hubwerk (Elektrokettenzug GP1000 oder GPK1000), einem Handfahrwerk GHF1250, einem Motorfahrwerk GMF1250, einer Sekundärsicherung, einem Personentransportkorb und einer übergeordneten Aufhängekonstruktion (im Fall der ARA Worblental ist dies ein bestehender Laufkran).
     
  • Aufgrund des begrenzten Platzes zwischen Beckenrand und Decke kommt bei der ARA Worblental ein GPK1000 zum Einsatz. Dieser Kettenzugtyp wurde für knappe Platzverhältnisse entwickelt. Der Kettenzug verfügt über Kette für eine Hubhöhe von 11 m.
     
  • Die Überlastsicherung des Elektrokettenzuges erfolgt durch eine indirekte Lösung in Übereinstimmung mit der Norm EN 14492-2 und entspricht den Anforderungen für sicherheitsrelevante Steuerungen (EN 13849). Die Erfassung der Last erfolgt durch einen im System integrierten Lastmessbolzen. Eine direkte Lastmessung in Form einer Rutschkupplung entfällt.
     
  • Der Hubwerksmotor ist mit einem thermischen Überlastschutz ausgerüstet. Weitere Sicherheitseinrichtungen des Kettenzuges sind eine zweite Bremse als sekundäres Sicherheitselement bei Versagen der normalen Haltebremse und ein Getriebeendschalter mit zusätzlicher Notabschaltung beim Überfahren der normalen Endabschaltung im Ausnahmefall. Im Personenbeförderungsbetrieb ist zusätzlich eine Schlaffkettenüberwachung aktiv, die bei unkontrolliertem Entlasten der Kette die Senkbewegung stoppt.
     
  • Die Steuerung erfolgt durch das Zusammenwirken der regulären Kransteuerung des vorhandenen Laufkrans und der zusätzlichen, am Hubwerk angebrachten Sicherheitssteuerung. Die Kransteuerung ist für die übergeordneten Kranbewegungen zuständig, während die Betriebsartenumschaltung, die Not-Aus-Funktionen, die Überlastsicherung und die Schlaffkettenüberwachung von der Sicherheitssteuerung übernommen werden. Mit dem Sicherheitsschlüssel schaltet die Bedienperson vom normalen Betrieb in den Modus für den Personentransport. Eine Signalsäule zeigt den Betriebszustand des Kranes an.
     
  • Der Personenkorb für eine Person ist eine geschweisste Stahlkonstruktion mit geschlossenem Dach. Der Einstieg erfolgt über eine nach innen öffnende Tür. Die Sekundärsicherung ist bereits am Korb vormontiert und wird über einen Sicherheitsschäkel mit dem Hubwerk bzw. dessen Fahrwerk verbunden.
     
  • Die Fahrgastzelle verfügt über einen Anschlagpunkt zum Einhängen der persönlichen Schutzausrüstung des Bedieners sowie einen Anschlagpunkt zum Anbringen des Rettungsgerätes. In der Kabine befindet sich die notwendige Ausrüstung für die Rettung des Bedieners nach unten.
     
  • Bei der ARA Worblental erfolgt die Steuerung der Krananlage über eine Funkfernsteuerung. Bei Aktivierung des Personentransportbetriebes findet die Bedienung nur noch über einen fest im Transportkorb eingebauten Handsender statt. Bei Ausfall der Funkfernsteuerung kann der Beobachter einen kabelgebundenen Notsteuerschalter mit Schnellverschluss an einer für ihn leicht zugänglichen Steckdose anschliessen und die Steuerung des Kransystems übernehmen.
     
  • Mit Hilfe einer Spezialvorrichtung und eines Hochhubwagens kann das Hubwerk samt Fahrwerken in wenigen Minuten von einem Kranträger auf einen anderen umgesetzt und einsatzbereit gemacht werden.
     
  • Die Personentransporteinheit ist baumustergeprüft gemäss der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und verfügt über ein Prüfzeugnis des TÜV. Die Sicherheitsfunktionen der Steuerung entsprechen der Norm EN 13849 und sind durch den TÜV ebenfalls baumustergeprüft.
     
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